Bald am SUMMERBREEZE – CELLAR DARLING im Interview

Bald am SUMMERBREEZE – CELLAR DARLING im Interview

Ich hatte das Vergnügen Anna Murphy, Ivo Henzi und Merlin Sutter nach rund acht Monaten wieder zu treffen.

Was in der Zwischenzeit geschehen ist, wie es mit CELLAR DARLING weitergehen wird, wie der Split mit ELUVEITIE verdaut worden ist – weiterlesen!

„Gut. Ich bin sehr glücklich. Ich glaube, letztlich war es der beste Entscheid für beide Seiten. Wir sind heute so frei und kreativ wie nie, das ist ein tolles Gefühl.“ Anna strahlt bei diesen Sätzen, wirkt entspannt und fröhlich.

Merlin bestätigt und ergänzt: „Wir sind unheimlich zufrieden mit dem Album, es ist gut, dass es fertig ist, dass es gelungen ist.“


Ich spreche sie darauf an, dass sie bei ihrem Testlauf in der Luzerner Schüür die spezielle Situation hatten, das gesamte Album vorzustellen, bevor es draussen ist.

„Ich war wirklich nervös. Lauter neues Material und keine Ahnung, wie es ankommt. Das war ganz besonders. Aber es war sehr gut, die Reaktionen waren toll. Zumindest bei den Leuten, mit denen wir sprechen konnten.“ Ivo wirkt ernsthaft, etwas nachdenklich, aber auch ihm ist anzumerken, dass ihn das gelungene Experiment froh macht.

„Wirklich, die Reaktionen der Fans waren super, „härzig“. Ich hätte am liebsten jedem ein Shirt geschenkt oder so. Und die waren so offen, was in der Schweiz auch nicht selbstverständlich ist“, wundert sich Anna über die Fans in Luzern.

Ich hake etwas nach, erkundige mich nach dem Risiko, ein solches Spektrum an musikalischer Breite auf ein Album zu pressen, notabene als neue Band, die bisher über eine Truppe identifiziert wurde, die nicht nur in ein klares Genre passt, sondern diese seit Jahren definiert.

„Klar, wir hätten auch „ELU im Trio“ machen können“, schmunzelt Anna. „Das können wir, haben wir zehn Jahre gemacht – das Risiko wäre wohl kleiner gewesen. Gleichzeitig wäre das aber auch weniger organisch gewesen. Wir wollten aber etwas machen, das sich entwickelt, das natürlich entsteht.“

Merlin hört interessiert zu und meint dann „Das war beinahe das Wichtigste; keine Einschränkungen! Nicht versuchen, ELU zu kopieren, aber auch nicht versuchen, ELU nicht zu kopieren. Es werden nicht alle Fans das Album geil finden, weil sie uns als Teil von ELU sehen. Die meisten Fans spüren aber, dass das so unser Ding ist, dass das passt und uns widerspiegelt.


Mein persönlicher Eindruck von „This Is The Sound“ – es ist musikalisch extrem breit. Einerseits gibt es Rocknummern, dann Balladen, Tracks mit stark folkigem Einschlag. Mich interessiert, wer eigentlich die Songs schreibt.

Hauptsächlich bringen Anna und Ivo die Ideen ein, viele Songs entstehen aber im Proberaum. Gemeinsam wird gefeilt, weiterentwickelt, gejamt. Auch wenn gewisse Songs persönlicher sind; nachdem sie vorliegen, wird weiter daran gearbeitet, wird arrangiert – es bleibt Teamarbeit.

Grundsätzlich ist das aber ein völlig anderer Prozess als bei ELUVEITIE. Sie wären alle involviert. „Mehr oder weniger alle haben etwas zu sagen“, schmunzelt Ivo.

Es wäre ein wenig Magie, wie die Songs entstehen, als Ideen in den Übungsraum, teilweise beinahe fertig, teilweise als Fragmente – und dann wird gemeinsam daran weitergearbeitet – bis es passt.

Merlin findet das auch einen Glücksfall. „Wir haben ja nicht gewusst, ob das klappt. Machen wollten wir das schon lange, aber du weißt ja nie, ob das dann fliesst, die Musik sich entwickelt.“


Für Anna ist das Besondere am neuen Album, dass es organisch ist, einhundert prozentig authentisch. „Aber das weiss halt nur ich, weil ich weiss, wie es entstanden ist. Was aber auch Hörer unterschreiben dürften ist, dass es etwas Neues ist, das eine grosse Bandbreite bietet.“
Ivo findet es cool, dass in relativ kurzer Zeit alle Ideen verwirklicht werden konnten. „Und obwohl das Album sehr diversifiziert ist, hat es einen roten Faden.“

Die Frage nach dem besten Song, dem Lieblingstrack wird auch hier nicht beantwortet. Mich interessiert aber doch, warum ausgerechnet zu „Black Moon“ das erste Video produziert wurde.
„Das ist eigentlich ganz simpel“, stellt Anna fest, „weil es unserer Meinung nach der beste Song ist. Da war schon beim Schreiben klar, dass das die Single wird. Das ist der Song, der Alles enthält, was wir sind, der repräsentativste Song.“

Das Video wurde übrigens auf Teneriffa gedreht, und Annas Opa hatte es empfohlen. Er ist ein weitgereister Opernregisseur und auch die Videofirma – welche auch schon ELU-Videos produziert hat – brachte die Insel als Vorschlag, kannte sich da aus. „Die perfekte Mondlandschaft“, fügt Ivo hinzu.


CELLAR DARLING sind heute bei Nuclear Blast unter Vertrag, dem grössten Label in Europa, wenn es um harte Musik geht. Anna erzählt, dass sie völlig aus dem Häuschen gewesen sind, als der Deal stand. „Obwohl sie nur zwei Songs kannten, haben sie uns ihr Vertrauen geschenkt. Dass sie sicher waren, dass es ein Erfolg wird, ist ein wirklich gutes Gefühl, eine Bestätigung auch – schliesslich kennen die sich wirklich gut aus.“

„Natürlich war es auch ein Ansporn und Anspruch“, ergänzt Ivo. Es wäre ja alles als selbstverständlich, da sie als Band null Kohle gehabt hätten, dass Merlin nach wie vor im Proberaum wohnt.
Obwohl Ivo das schon erzählt hatte, als wir auf Anna und Merlin warteten, blieb es bei mir nicht hängen – Musikeranekdote, die du irgendwann einmal raushauen musst – schliesslich sind Brücken nicht mehr in. Aber tatsächlich wohnt er dort. Also nicht im eigentlichen Übungsraum, der wäre zum Liegen zu klein. Eher im Büro einen Stock tiefer, dort wo Merlin eine Niederlassung von Booya Music unterhält und sich etwa um Merch kümmert (http://booyaventures.com/).

Ich kann es nicht lassen und lege auch noch auf den Tisch, dass ich mit „Hedonia“ am Wenigsten anfangen kann, dass er mir zu melancholisch, zu trist ist. „Hedonia“ ist der einzige Song der in schweizerdeutsch oder besser in „lozärnisch“ gesungen wird.

Natürlich wehrt sich Anna sofort, setzt sich für ihr Kind ein und versucht mir Unwissendem zu erklären, was hinter diesem Track steckt.
„Das ist der Song, der mich am ehesten repräsentiert in meinen extremen Psychophasen – die ich ab und zu habe. Seltsam ist, dass ich bei Phonerinterviews immer auf diesen Song angesprochen werde. Die Ausländer mögen ihn alle extrem gut. In der Schweiz höre ich eher, was der Song soll.“

Und dann kehrt Anna ein Stück weit ihr Inneres nach aussen, erzählt, dass sie kein stabiler Mensch wäre, dass sie etwas unstet ist. Und wahrscheinlich hätte sie zu wenig geschlafen gehabt und den Song im Songwriting-Camp in letzter Minute geschrieben. „Zämebrösmelet“ habe sie ihn, und der Song sollte traurig-lustig, schräg, melancholisch werden, völlig nervös mit teilweise fröhlicher Musik, welche eigentlich genau der Kontrapunkt zur Musik ist. Der Text habe sich in so einem „komischen, halluzinogenen Zustand entwickelt. Während sie das sagt, lacht sie.

Im Verlauf dieser Diskussion wird mit klar, dass mir der Song eigentlich gefällt, die Melodie, das Jodeln, das beinahe dominante Hurdy Gurdy – im besten Sinn volkstümlich. Was mich stört ist der Dialekt, dieses Ausdrucksmittel der Nähe, für mich als Deutschschweizer klar zu verorten, mit Zeichen und Erfahrungen belegt – und da kommt mir dieser schräge Text quer. Vielleicht gibt es ja noch einmal eine Version in kaukasisch, welche mich dann die Musik ohne Ablenkung geniessen lässt. Fazit; schweizerdeutsch ist heikel und kann nicht ausgeblendet werden – zumindest von mir nicht. Vielleicht müsste ich mich auch in einen halluzinogenen Zustand bringen.


Ich spreche das Trio auch auf ihr Konzert mit EVANESCENCE an und mutmasse, dass das nicht zustande gekommen wäre, wenn sie noch wie ELU klingen würden.

Merlin gibt mir Recht, dass das eine Art Joker gewesen wäre und sie in verschiedene Richtungen nach Auftrittsmöglichkeiten suchen, nach Bands, mit denen sie touren können (in der Zwischenzeit stehen eine Tour mit DELAIN und LACUNA COIL an).

 „Ja, das wäre als ELU 2.0 wohl nicht zustande gekommen.“

CELLAR DARLINGs musikalische Weite macht es bestimmt möglich, mit den verschiedensten Bands aufzutreten, auch EVANESCENCE hat ein Publikum, das sowohl aus Metalheads als auch Rockfans besteht.


Ich spreche Anna darauf an, dass sie schon beim letzten Gespräch angekündigt hatten, dass „This Is The Sound“ ein fettes Rockalbum werden würde. Gibt das einer Stimme wie jener von Anna – die ich aktuell eine der besten in Rock und Metal finde – mehr Möglichkeiten, mehr Spielraum? „Auf jeden Fall, diese Öffnung engt weniger ein.“


„Hat der Split mit ELU – bei allen schmerzlichen Erfahrungen – letztlich auch dazu geführt, dass ihr reifer geworden seid?“ „Ich nicht“, sagt Anna wie aus der Pistole geschossen und lacht herzlich. „Interessanterweise sagen uns aber viele Menschen, dass unsere Musik erwachsener klingt.“

„Ich finde schon, dass mich diese Erfahrungen reifer gemacht haben, auch persönlich“, findet Merlin und betont, dass es auch ermöglicht hat, seine musikalischen Ideen und Entwicklungen auszuleben. Was bei ELU super war und ist – sie sind klar und eng definiert, quasi eine „Konzeptband“. Für uns hat das aber nicht gepasst, wir wollen eher unsere musikalischen Grenzen ausloten – und sind glücklich, dass das bisher funktioniert und ankommt. Aus einem immer irgendwie geplanten Sideproject ist also eine Band geworden.“

Alle drei betonen, dass CELLAR DARLING ihre musikalischen Ausrichtungen, ihre Vorlieben widerspiegelt. Und dass diese Vielfalt im Rahmen dieser Band gut ausgelebt und umgesetzt werden kann.

Ivo denkt, dass der Split ihn nicht reifer oder erwachsener gemacht hat, zumindest nicht musikalisch. Er wäre zwar eine wichtige Erfahrung gewesen, das aber mehr in der persönlichen Verarbeitung, etwa auf der Gefühlsebene. Musikalisch hat er einfach Raum geschaffen für die eigene Kreativität.

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„Gibt es eigentlich Wünsche für die Zukunft? Abgesehen von tonnenweise Konzerten, ausgedehnten Touren, Headliner auf WACKEN?“
Ivo; „Du hast es eigentlich zusammengefasst.“ Und Merlin doppelt nach: „Es ist fast langweilig, aber es geht wirklich darum, jetzt so viele Konzerte wie möglich zu spielen, uns zu zeigen, den Fans vorzustellen.“

Zu deinem Zeitpunkt war noch nicht definitiv, dass im Herbst eine Tour mit DELAIN und dann mit LACUNA COIL auf dem Plan steht. Bis Ende Jahr werden sie auf jeden Fall genügend Shows spielen können.

Alle drei sind sich einig, dass es viel zu lange her ist, dass sie auf der Bühne gestanden sind – nachdem sie mit ELU teilweise 200 Shows pro Jahr gespielt hatten. „Es ist wirklich seltsam, momentan laufen die Sommerfestivals und wir sind zuhause“, meint Ivo.


Auch wenn sich das Niemand gewünscht hat, es auf verschiedenen Seiten Ärger und Schmerz verursacht hat, letztlich finden alle drei, dass diese Neuausrichtung gut war, sie quasi wie Phönix aus der Asche auftauchen, etwas Neues entwickeln konnten. Manchmal müsse es sein, dass „ein Scheiss“ passiert, dass die Sicherheit durchbrochen und der Stillstand verhindert wird. Und wenn es letztlich so wird wie im Fall von ELUVEITIE und CELLARDARLING, dann dürfen sich auch die Fans freuen. Anstelle der geilsten Band des New Wave Of Folk Metal gibt es jetzt eine neue, geile Band, die richtig guten Rock und Metal macht.

Es ist richtig schön, wenn aus einer scheinbaren Katastrophe letztlich Entwicklungen möglich wurden, die es so nicht gegeben hätte.

Es ist ein erfreuliches Fazit und ich bin nach diesem Gespräch einmal mehr froh, dass es so geschehen ist.


Und heute werde ich mir beide Bands am selben Festival anhören, CELLAR DARLING und ELUVEITIE spielen auf derselben Bühne, wenn auch zeitlich etwas versetzt. Und ich bin mehr als sicher, dass beide die Summer Stage am SUMMERBREEZ rocken werden. Be Welcome!

Und heute Nachmittag gibt es dann hier eine Aktualisierung, nämlich brandaktuelle Bilder der CELLAR DARLIN SHOW. Stay Tuned!

 

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